Interview mit dem 1.VS Kratz!
"Wir müssen den Kunden liebhaben"
FR, 5.10.2011
Hans-Petesr Kratz ist seit September 2009 erster Vorsitzender der Taxi-Vereinigung Frankfurt. Der Taxi-Unternehmer war einst Hubschrauberpilot bei der Bundeswehr und
hat Wirtschaft studiert. Kratz setzt sich für eine bessere Fortbildung der Taxi-Fahrer ein.
Hans-Peter Kratz, Chef der Taxi-Vereinigung Frankfurt, räumt im FR-Interview zwar Mängel in seinem Gewerbe ein, wehrt sich aber gegen Vorurteile. Unfreundliche Taxifahrer seien Einzelfälle.
Die Ausbildung sei aber noch verbesserungswürdig. Zu viele Taxis, zu wenige Fahrten. Da bleibt Zeit, aber kein Geld.
FR: Herr Kratz, Taxifahrer bewegen die Welt und die Menschen. Als wir vor kurzem über die Forderung nach einem Mindestlohn berichteten, gab es sofort einige Reaktionen von Lesern: z
„Schön und gut, aber die sollen erst mal ihre Hausaufgaben machen.“ Beklagt wurden vor allem mangelnde Ortskenntnisse, und eine Kollegin aus der Redaktion lässt fragen, warum sie beim
Unternehmen „Das freundliche Taxi“ ausgerechnet den unfreundlichsten Fahrer seit langem antraf?
HPK: Jeder hat mal einen schlechten Tag. Ich denke, das war ein Einzelfall. Wir schulen unser Leute ja nach dem Motto „Der Kunde ist König“. Das Unternehmen ist eine unserer Vermittlungszentralen,
die tatsächlich auf eine besonders freundliche Art des Umgangs achten soll und will.
FR: Was kann der Fahrgast denn in einem solchen Fall tun?
HPK: Wir nehmen das Qualitäts- und Beschwerdemanagement sehr ernst. Wem ein solches Missgeschick passiert ist, der sollte sich beschweren. Ein fehlendes „Guten Tag“ ist zwar nicht sehr schön,
fällt aber nicht unter groben Mangel. Ansonsten gibt es die Möglichkeit, sich bei der Taxi-Zentrale oder bei der Stadt zu beschweren. Da gibt es auch saftige Sanktionen. Da können Sie sicher sein.
FR: Lässt sich Freundlichkeit denn überhaupt schulen?
HPK: Natürlich kann man da etwas machen. Ich sage immer, wir müssen den Kunden liebhaben, denn er ist es ja, der uns ernährt.
Die, wie Sie sagen, gelegentliche schlechte Laune eines Taxifahrers könnte ja auch eine Folge seiner schwierigen wirtschaftlichen Situation sein. Fünf Euro Stundenlohn, lange Arbeitszeit –
da hört der Spaß wahrlich auf.
Taxifahren ist schon lange kein Traumjob mehr. Sie finden heute kaum noch Studenten hinter dem Steuer. Für die ist es lukrativer, den Kopierer in einer Rechtsanwaltskanzlei zu bedienen.
FR: Warum hat das Taxigewerbe solche Probleme?
HPK: Frankfurt hat mit 1712 Taxis die höchste Dichte in ganz Deutschland. Das sind 350 bis 400 zu viel. Die Zahl ist vom Magistrat vor Jahren schon festgeschrieben worden.
Es ist nicht einfach, davon runterzukommen. Wir bearbeiten die Politik aber in diese Richtung. Das Tortenstück ist dadurch für jeden Einzelnen ein ganzes Stückchen zu klein.
Vor Jahren war der öffentliche Nahverkehr noch nicht so gut ausgebaut, immer mehr Leute haben ein eigenes Auto und wir bekommen immer mehr Konkurrenz. Ich will hier nur
die Velo-Taxis nennen. Die brauchen keine Lizenz zur Personenbeförderung, weil sie angeblich nur Werbeträger sind.
FR: Kommen wir noch mal auf die Ausgangsfrage zurück. Der Fahrgast muss dem Fahrer sagen, wo es langgeht, ist ein oft gehörter Vorwurf.
HPK: Ganz von der Hand zu weisen ist diese Kritik nicht. Die Prüfung ist theoretischer Natur, da fehlt es etwas an praktischer Ausbildung. Natürlich kennt sich ein Ureinwohner
Frankfurts besser aus als ein Hinzugezogener. Aber mit jeder Fahrt lernt der Fahrer dazu.
FR: Liegt es auch daran, dass viele Taxifahrer einen Migrationshintergrund haben und die deutsche Sprache nicht beherrschen?
HPK: Ich kann ihnen nicht sagen wie viele unserer Fahrer einen Migrationshintergrund haben. Danach unterscheiden wir nicht. Wir sind eine große Gemeinde. Die Prüfung muss
schriftlich und mündlich in deutscher Sprache abgelegt werden. Also diese Kritik muss ich klar zurückweisen.
FR: Mir kommt es allerdings vor, dass Sie die Situation etwas zu rosig zeichnen.
HPK: Also zusammen Taxi fahren ist ein Miteinander. Wenn der Fahrgast den Weg besser weiß als der Fahrer, dann wird dieser nicht beleidigt sein.
FR: Mag für Einheimische ja durchaus nett sein, ein Fremder muss doch darüber einigermaßen genervt sein?
HPK: Wer hier Hotels und Museen oder Firmen sucht, der wird gut bedient. Da gibt es kein Vertun.
FR: Navigationsgeräte könnten weiterhelfen, wenn da nicht auch das Problem wäre, den Straßennamen auf Anhieb richtig einzutippen.
HPK: Navigationsgeräte erleichtern die Arbeit und sie unterbinden Diskussionen über den Fahrweg. Natürlich gibt es bei den Namen auch ganz komplizierte Fälle.
Aber das Gerücht, die Fahrgäste müssten den Straßennamen eingeben, ist nur ein Gerücht.
FR: Dennoch ist bekannt, dass die Taxi-Unternehmer mit der Ausbildung ihres Personals nicht zufrieden sind. Sie selbst beklagen ja, dass zwei bis drei Stunden
Ortskenntnisprüfung und Einweisung nicht ausreichend sind.
HPK: Gut ist nicht gut genug. Zugeben muss ich, dass wir mit unseren Fortbildungsangeboten auf wenig Resonanz treffen. Wir hoffen auf Einsicht der Fahrer,
denn es zahlt sich in barer Münze aus, wenn der Kunde zufrieden ist.
FR: Was muss denn der Frankfurter Taxifahrer noch lernen?
HPK: Es gibt noch Lücken. Er muss Umsatzsteuer richtig rechnen können und natürlich muss er eine Quittung richtig ausfüllen können. Und wenn er dann noch freundlich ist,
dann ist der Kunde auch zufriedener. Die Taxi-Unternehmer sind sich einig, dass die Sach- und Fachkundeprüfung in abgeschwächter Form abgelegt werden sollte, wie das auch die
Selbstständigen schon tun müssen.
FR: Fünf Euro Stundenlohn haben wir schon erwähnt. Leben kann man davon nicht?
HPK: Viele Taxifahrer gehören zu den sechs Millionen Menschen im Land, die von ihrem Einkommen nicht leben können. Die Diskussion um Mindestlöhne ist aber Unsinn, denn wenn ich
nur fünf Euro in der Stunde erwirtschafte, kann ich keine 8,75 Euro zahlen. Wir haben schon vor einem Jahr einen Antrag auf Tarifanpassung an die Ordnungsbehörde gestellt.
Der Antrag wird seither bearbeitet.
Frankfurter Rundschau-Online: Wie viel mehr hätten Sie denn gerne?
Hans-Peter Kratz: Zehn Prozent wären angemessen.
Das Interview führte Jürgen Ahäuser
Quelle: FR-Online