Wenn ich mir da dieses Informationsblatt der Taxi-Innung so durchlese, kann man eigentlich nur melanklütrig werden, wie es der Norddeutsche so treffend ausdrückt.
Aber das deucht mir Alles so bekannt!
WAS, bitte, tun den unsere Verbände überhaupt noch?
Kann man irgendwo eine vernünftige Politik erkennen, außer Versuche zu unterstützen, wie man den Mindestlohn umgehen und das kommende Fiskaltaxameter manipulieren kann?
http://www.taxiinnung.org/file…oblattJuni-09.06.2015.pdf
Sinn und Unsinn von Gewerbepolitik
Knapp dreitausend Taxibetriebe gibt es derzeit in Berlin. Um deren Interessenvertretung bewerben sich sechs Vereine.
BTB, TVB, TD, BTV, IITB und die „Innung“. Das Kreativste an ihnen sind mitunter ihre Abkürzungen. Kaum mehr als
20 Prozent aller Betriebe sind organisiert und stehen für ca. 1.600 Taxen, von insgesamt fast 7.800 Taxen - ebenfalls
gerade einmal ein Fünftel. Dabei verlieren die alteingesessenen Vereine seit Jahren massiv Mitglieder; die in den
letzten Jahren neu Aufstrebenden stagnieren mittlerweile. Lediglich Taxi Deutschland und die „Innung“ haben noch
eine Größe, die sie aktuell für das Anhörverfahren des Senats qualifizieren würde.
Eine einst stolze Vertretung ist aus ihrer edlen Residenz in ein winziges Ladenbüros umgezogen. Wenige
Quadratmeter reichen mittlerweile aus, die eigene Mitgliederversammlung zu beherbergen. Und die Meinung des
Dauervorsitzenden scheint die ehemals demokratische Meinungsbildung längst ersetzt zu haben. Ein anderer Verein
versuchte gerade im Rahmen seiner Jahreshauptversammlung die Mitgliederbeiträge deutlich zu erhöhen, um die
Kosten des Vereins weiter tragen zu können. Und scheiterte dabei, weil die Mehrheit der anwesenden Mitglieder dafür
nicht zu überzeugen war. Obwohl das Geld in kaum einem der Vereine ausreicht, eine vernünftige Struktur zu
finanzieren, haben sich offenbar ihre „ehrenamtlichen“ Vorstände derart an ihre hohen Bezüge gewöhnt, dass vor dem
persönlichen Verzicht lieber höhere Mitgliederbeiträge gefordert werden.
Die Situation im Gewerbe insgesamt erfordert aber radikalere Lösungen.
Legen wir 1.600 organisierte Taxen und einen durchschnittlichen Beitrag von 70 Euro pro Taxi zu Grunde, liegt das
Gesamtbeitragsvolumen bei 112.000 Euro im Jahr. Monatlich stehen demnach allen Vereinen zusammen insgesamt
gerade einmal ca. 9.300 Euro zur Verfügung. Damit will jeder Verein seine eigene Infrastruktur betreiben und
bezahlen: Geschäftsräume, Personal im Sekretariat, Aufwandsentschädigungen für die Vorstände und Vereinsmedien.
Wie soll das funktionieren? Und wen wundert es da, dass dabei nicht allzu viel dabei heraus kommt?
Natürlich benötigt eine Gewerbevertretung die Unterstützung potenter Geschäftspartner, die ja auch ihrerseits von in
Verbänden organisierten Unternehmen profitieren. Eine Aufgabe von Verbandsarbeit ist es, Rahmenverträge zu
schließen, in deren Rahmen die eigenen Unternehmen günstig einkaufen und die Geschäftspartner verkaufen
können. Das sind u. a. Autohersteller, Versicherer, Werkstätten, Dienstleister, Zubehör- und Reifenlieferanten.
Allerdings amüsieren die sich über das Treiben unserer Profilneurotiker. Würden wir als Einheit auftreten, sähe das
anders aus. So kann das nicht funktionieren. Für unsere Geschäftspartner haben die einzelnen Vereine nicht die
nötige Masse, um ordentliche Konditionen zu gewähren, wollen aber alle für ihren Verein etwas „Besonderes“ und das
ausschließlich für die eigenen Unternehmen. So ist es einfach, uns alle gegeneinander auszuspielen. In wie vielen
Taxi-Fachzeitschriften beispielsweise sollen unsere Geschäftspartner werben? Und was erwarten die Zeitungsmacher
dann noch an Werbeeinnahmen, ohne die keine Zeitschrift finanziert werden kann?
Eine auf diese Weise dargebotene Vielfalt ist den eigenen Interessen hinderlich. Das ist kein Pluralismus, das ist eher
Mord am Gewerbe. Es darf nicht um die eigene Inszenierung gehen, sondern um die Interessen der zu vertretenden
Unternehmen, deren Beiträge die Arbeit der Vereine überhaupt erst ermöglichen. Ein derartiger Umgang mit
potentiellen Sponsoren und widersprüchliche Stellungnahmen der einzelnen Vereine gegenüber Politik und Behörden
blockieren die dringend gebotene Lösung vieler Probleme.
Mit den richtigen Vertretern hätten wir wahrscheinlich nicht nur schon eine Erhöhung der Fahrpreise, sondern auch
eine vernünftige Preisstruktur. Wer einen Mindest-Stundenlohn zahlen soll, dessen Leistung muss auch für
Wartezeiten im dichten Verkehr bezahlt werden. Wer Nachts seinen Beschäftigten, zusätzlich zum Mindestlohn,
Nachtzuschläge zahlen muss, braucht auch einen Taxitarif, der nachts entsprechend höhere Fahrpreise berechnet.
Wir müssen die Kräfte bündeln und brauchen das „Haus des Taxigewerbes“.
Eine Verwaltung – gemeinsame Räume und gemeinsames Verwaltungspersonal - durch die gesamten Beitragseinnahmen aller Vereine finanziert.
Eine Gewerbezeitschrift mit Vereinsseiten aller Beteiligten. Die gebündelte Unterstützung durch unsere Partner. Das
Vereinsleben und die Identität eines jeden sollten dabei erhalten bleiben. Allerdings geht niemand aus dem Ruder,
wenn es darum geht, die Interessen gegenüber Politik und Verwaltung durchzusetzen: dazu brauchen wir eine
Dachorganisation. Ein gemeinsamer Vorstand, der entscheidet und verhandelt. Die Vereine entsenden Vertreter in
diesen Vorstand, wobei deren Anzahl durch die Höhe der anteiligen Beitragseinnahmen bestimmt wird.
Das wäre sofort umsetzbar und setzt lediglich voraus, dass Vernunft über Eitelkeit siegt. Dann wäre auch eine
Aufwandsentschädigung für die Vorstände wieder möglich und vertretbar, denn deren gemeinsame Arbeit wird sich für
unser Gewerbe auszahlen. Es wäre ein unglaublicher Gewinn an Effizienz, sowohl in Verwaltung als auch bei
Verhandlungen. Es wäre ein kluger Umgang mit den Mitteln, die die organisierten Unternehmer zur Verfügung stellen.
Oder wollen wir warten, bis die jetzigen Organisationen untergehen? Das wäre mit Sicherheit der schlechteste Weg,
auch wenn der aktuelle Zustand niemandem mehr etwas bringt. Es würde zunächst weitere Stagnation und zuletzt der
völlige Verlust von Möglichkeiten der politischen Einflussnahme bedeuten.
Der kluge Zusammenschluss hingegen wäre nicht nur eine Chance für die einzelnen Vereine am Leben zu bleiben, es wäre auch ein enormer Schub
für die Interessenvertretung des Berliner Taxigewerbes insgesamt. Und anstatt wie heute zu fragen: „was machen die denn überhaupt?“
würden mit Sicherheit viele Unternehmer eine erfolg- und einflussreiche Gewerbevertretung durch ihre Mitgliedschaft unterstützen und „ihren“
Verein im Vorstand der Dachorganisation damit an Einfluss stärken.
Worauf warten die Verbände noch?
Stephan Berndt